OPEN MIND

Kettenreaktion Bikes | Zell unter Aichelberg, Deutschland

Schwäbische Manufaktur baut Hightech-Fahrräder mit Edelstahlrohrrahmen und gefrästen Anbauteilen: Ein hochwertiges, maßgefertigtes Gravelbike aus deutscher Manufaktur, mit einem leichten Edelstahlrohrrahmen und gefrästen Komponenten wie Vorbau, Schalt­auge, Tretlager­gehäuse, Ketten­rad und Brems­scheibe… – ja, das gibt es vom noch jungen Unternehmen Kettenreaktion Bikes in Zell unter Aichelberg. Für die Fräs­arbeiten nutzt es moderne 5-Achs-Maschinen und das CAD/CAM-System hyperMILL® von OPEN MIND.

Ein Rad mit Edelstahlrahmen? Ist das nicht viel zu schwer? „Nein“, räumt Marc Gölz mit dem Vorurteil auf: „Auf dieser Basis lassen sich Rennräder oder Gravelbikes mit etwa acht bis neun Kilogramm Gesamtgewicht bauen. Außerdem bietet ein solcher Rahmen gute Dämpfungs­eigenschaften im Gegensatz zum Karbon­rahmen. Für ambitionierte, gesundheits­bewusste Freizeit­fahrer ist das ein wichtiger Vorteil.“
Marc Gölz ist ein Fahrradexperte. In den 2000er Jahren fuhr er als Mountainbike-Profi im Team T-Mobile Mountainbike und blieb dem Radsport bis heute eng verbunden. Schon lange träumt er davon ein eigenes Fahrrad zu entwickeln und zu bauen: „Diese Idee hatten Marc Schneider – ein Freund und Radpartner seit Kindheitstagen – und ich schon vor über zehn Jahren.“

Dass die beiden die Entwicklung eines hochwertigen Gravelbikes auf Basis eines Stahl­rahmens nun tatsächlich in Angriff nahmen, hat mehrere Gründe. „Erstens gewinnt der Werkstoff Edelstahl in Bezug auf Fahrräder gerade immer mehr Freunde“, erklärt Rad­spezialist Gölz. „Da spielt ein wenig der Retro-Trend mit. Denn um die Jahrtausend­wende fuhren alle Stars bei der Tour de France solche Räder mit Edelstahlrahmen. Aber auch die Nach­haltigkeit. Denn Stahlteile lassen sich recht einfach modifizieren, reparieren und recyceln. Zusätzlich eröffnen uns moderne Fertigungs­methoden mehr Möglichkeiten als vor 25 Jahren, um solche Räder optimal zu gestalten.“

Damit sind wir beim zweiten Grund: Marc Schneider ist Inhaber und Geschäfts­führer eines Unternehmens für Zerspanungs­dienstleistung im Bereich Sonder­werkzeuge, Vorrichtungen, Prototypen und Muster. Vor zehn Jahren gründete er die Precimo GmbH & Co. KG in Zell unter Aichelberg und übernahm die damalige Pferdt Werkzeugbau GmbH mit Belegschaft, Maschinenpark und Kundenstamm. „Wir sind auf die hoch­präzise Fräs­bearbeitung anspruchs­voller Bauteile aus verschiedenen Stählen, Aluminium oder Inconel spezialisiert“, erklärt der Diplomingenieur. „Gerne übernehmen wir auch Entwicklungs­aufgaben, ein Bereich, in dem ich in meiner früheren Anstellung als Leiter Entwicklung und Versuche viele Erfahrungen sammeln durfte.“

Der aus Aluminium gefräste Vorbau – das optimierte NC-Programm erzeugten die Programmierer von Precimo / Kettenreaktion Bikes mit dem CAM-System hyperMILL® von OPEN MIND.

CAD/CAM-System hyperMILL® und 5-Achs-Fräszentren

Precimo ist ein kleines, erfolgreiches Unternehmen. Schneider und seine drei qualifizierten Mitarbeiter können auf modernes Equipment bauen, wie zum Beispiel eine dreiachsige und zwei fünfachsige Fräs­zentren sowie mehrere Erodier­maschinen, moderne CAD-Software und das CAM-System hyperMILL® von OPEN MIND. „Das ist in meinen Augen die beste Software­lösung fürs das 5-Achs-Fräsen“, urteilt Marc Schneider. „Schon bei der Übernahme der Pferdt GmbH hatten wir eine hyperMILL®-Lizenz im Haus. Inzwischen haben wir in einen zweiten Arbeits­platz sowie in zusätzliche 5-Achs-Module und in hyperMILL® MAXX Machining investiert. Dadurch konnten wir die Schrupp­bearbeitungen enorm beschleunigen.“ Mit den Schrupp­strategien des Performance-Pakets hyperMILL® MAXX Machining erzeugen die beiden bei Precimo tätigen Programmierer trochoidale Werkzeug­bahnen, mit denen sich das Zerspan­volumen maximieren und die komplette Schneiden­länge des Werk­zeugs ausnutzen lässt.

Als besonders hilfreich beurteilen Schneider und seine Mitarbeiter die in hyperMILL® verfügbare Feature- und Makro­technologie, mit der sich die Programmierung beschleunigen lässt: „Damit können wir im CAD vorhandene Geometrie- und Farb­informationen – zum Beispiel zu Bohrungen und Flächen – für die automatisierte CAM-Programmierung nutzen und typische, wieder­kehrende Geometrien als Makro definieren. hyperMILL® errechnet dann das passende NC-Programm.“

hyperMILL® – für jeden Zerspanungsfall die richtige Strategie

Precimo zeichnet sich durch große Vielseitigkeit aus. „Für Kunden aus der Reinraum­technik beispiels­weise müssen wir höchste Oberflächen­anforderungen erfüllen“, erklärt Schneider. „Das gilt auch für Pressformen, mit denen Glas­lichtleiter produziert werden, die dann in Zahnarzt­werkzeugen eingesetzt werden.“ Die optimale Fräs­strategie für solche Anforderungen liefert hyperMILL®. Marc Maier, der für Precimo zuständige technische Gebiets­vertriebsleiter von OPEN MIND, erwähnt zum Beispiel die Funktion „Sanftes Überlappen“, welche die Oberflächen­qualität in Übergangs­bereichen enorm verbessert.

Übrigens – die Welt ist klein: CAM-Fachmann Marc Maier kommt wie Marc Gölz aus Weilheim an der Teck, ist mit diesem schon über 25 Jahre gut bekannt und ebenfalls begeisterter Radfahrer und „Schrauber“. Auch Marc Schneider kennt er schon „von früher“, so dass die drei viel mehr, als nur den gemeinsamen Vornamen teilen.

Maßgeschneiderte Unikate mit Komponenten aus der Region

Zurück zu „Kettenreaktion Bikes“, wie Gölz und Schneider ihre gemeinsame Manufaktur nennen, die noch in diesem Jahr mehr als 20 individuell auf Kunden­bedürfnisse hin entwickelte Fahrräder auf den Markt bringen wird. Die beiden Firmen­gründer betonen: „Wir beziehen zu 95 Prozent alle Halbzeuge und Komponenten aus Deutschland und Italien. Zudem stellen wir in Zusammen­arbeit mit Precimo möglichst viele Teile selbst her, gefräst aus Edelstahl und Aluminium.“ Angesichts der momentanen Probleme in den Liefer­ketten sehen sich Gölz und Schneider damit auf dem richtigen Weg.

Der Prototyp des Kettenreaktion-Bikes ist längst gebaut. Auch das Gravelbike Nr. 1 ist fertig, eine Maß­anfertigung für Marc Gölz, das der ehemalige MTB-Profi jetzt auf Herz und Nieren testet. „Vom Edelstahl­rahmen bin ich wirklich begeistert. Bei diesem ungefederten Rad dämpft der Stahl harte Schläge von unten ein wenig ab, das tut vor allem der Wirbel­säule gut“.

Im 3D-CAD optimiert, mit hyperMILL® programmiert

Marc Gölz, der vor seiner Profikarriere eine Ausbildung zum Industrie­mechaniker absolvierte, erklärt: „Wir beziehen die Rohre aus einem Block geschmiedet und zweifach konifiziert. Das heißt, die Wandstärke liegt an den Enden bei etwa 0,9 mm, während sie in der Mitte des Rohres nur 0,4 mm beträgt. Durch die hohe Gefüge­verdichtung besitzt das Material eine Zug­festigkeit von knapp 1000 N/mm2 und ist damit allen Belastungen gewachsen.“

Im 3D-CAD-System passen die Radspezialisten den Edelstahl­rahmen an den jeweiligen Körper der Kundin oder des Kunden an. Im Ideal­fall stehen Daten aus einer Ergonomie­messung zur Verfügung, die sich ins CAD einspielen lassen. Abhängig von Bein- und Arm­länge, Sitz­position, etc. werden dann die Rohr­längen angepasst – „was bei Spitzen­rädern aus Carbon nicht möglich ist, da der Rahmen stets in festen Formen produziert wird“, argumentiert Marc Gölz.

Die Edelstahlrohre werden maschinell abgelängt und fürs (manuelle) Verlöten mit dem Rohr­durchmesser konturiert. „Das ist ein relativ einfacher Vorgang“, sagt Marc Schneider. „Deutlich anspruchs­­voller herzustellen sind Anbauteile wie zum Beispiel der Vorbau. Diese Komponente haben wir als Alu­frästeil entwickelt und konstruiert. Wir fertigen es fünf­achsig in zwei Aufspannungen auf unserem High-Performance-Line Bearbeitungs­zentrum Hermle C 22. Das entsprechende NC-Programm haben wir natürlich mit hyperMILL® erstellt.“

Aus dem Vollen gefräst ist ein Qualitätsmerkmal

Neben dem Vorbau gibt es viele Komponenten, die Kettenreaktion Bikes selbst produziert, beispiels­weise das Schalt­auge. So wird das Aluminium­teil zwischen dem Rahmen und dem Schalt­werk bezeichnet, das eine Soll­bruchstelle besitzt, um bei harten Stößen oder einem Sturz die Schaltung und den Rahmen zu schützen.

Marc Gölz ist auf dieses Teil besonders stolz: „In meinem erlernten Beruf Industrie­mechaniker habe ich seit Jahren nicht mehr gearbeitet. Unsere Pläne mit Kettenreaktion Bikes haben mich jedoch animiert, für die Bedienung der Maschinen und des CAD/CAM-Systems Schulungen zu absolvieren. Nach einer Woche hyperMILL®-Online-Schulung war ich in der Lage, das Schalt­auge zu programmieren. Dabei kam mir unter anderem die übersicht­liche, intuitive Bedien­oberfläche sehr entgegen. Auch das Fräsen auf der Hermle C 22 war dann kein Problem.“

Weitere von Kettenreaktion Bikes entwickelte und bei Precimo gefräste Komponenten sind die Ausfall­­enden, also die am Fahrrad­rahmen angebrachten Aufnahmen für die Achse der Fahrrad­nabe. Außerdem Tretlager­gehäuse, Kurbel, Sattel­klemme, Ketten­blatt und Brems­scheibe. Marc Schneider weist darauf hin, dass die Teile von Kettenreaktion Bikes designt, aus dem Vollen gefräst und nicht gegossen sind: „Das ist ein Qualitäts­merkmal, auf das wir großen Wert legen. Deshalb haben wir bei manchen Komponenten die Ober­flächen so erzeugt, dass Fräs­strukturen quasi als Design­element erkennbar sind.“ hyperMILL® macht es möglich. Denn damit lässt sich jede Fräs­bahn individuell gestalten, was unter anderem zu einem speziellen Angebot geführt hat, wie Marc Schneider erwähnt: „Auf Wunsch gravieren wir den Vorbau mit der Unterschrift des Kunden.“

Dies alles trägt dazu bei, dass die Kettenreaktion-Komponenten nicht in einer beliebigen Garagen­werkstatt nachgebaut werden können. Das ist für Gölz und Schneider sehr wichtig, denn sie beabsichtigen, die universell an den meisten Gravel- und Mountain­bikes, Renn- und Touren­räder einsetz­baren Komponenten auch einzeln zu verkaufen. Kunden können dann damit ihre bestehenden Räder aufrüsten und individuell aufwerten.

www.kettenreaktion-bikes.de

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